Tagebuch einer Grönlandreise
Tag06 – Dänemarkstrasse
Island liegt hinter uns und eigentlich läge nur der Weg durch die Dänemarkstrasse geradewegs Richtung Südwesten vor uns und zum Eingang des Prins Christian Sund. Doch die Natur will es anders. Obwohl MS Ocean Majesty den ganzen Tag durch herrliches Wetter gefahren ist, verheisst der Wetterbericht für den Süden Gröndlands rund um das berüchtigte Kap Farvel, nichts Gutes. Ein Sturmtief mit 40 Knoten Wind hat sich um Südgrönland gelegt und es ist zunächst unmöglich an eine Fahrt Richtung Süden zu denken. Zwei erfahrene Eislotsen sind in Akureyri an Bord gekommen und zusammen mit dem Kapitän beraten wir auf der Brücke, wie am Besten mit diesen Aussichten umzugehen ist. Das Ergebnis ist etwas ganz Besonderes: Wir fahren an die Ostküste – ein für ein Kreuzfahrtschiff eher seltene Reiseroute. Entlang der Küste, die normalerweise stark vereist und von Eisbergen versperrt ist wollen wir uns mit langsamer Geschwindigleit Richtung Süden vorarbeiten und nachdem das Sturmtief durchgezogen ist, dann in den Prins Christian Sund fahren.
Doch der heutige Abend steht ganz im Zeichen der Dänemarkstrasse. So heissen die Gewässer zwischen Island und der Ostküste Grönlands. Das Wetter ist ruhig, kalt aber die Fernsicht verspricht unvergessliche Stunden in der hellen Sommernacht des Nordens.
Und das, was alle an Bord sich erhofft hatten sollte eintreffen. Rund eine Stunde vor Sonnenuntergang kommt die Meldung von der Brücke: Wale voraus! Und nicht nur einer. Fast ein Duzend Grindwale kreuzten an diesem Abend unseren Weg und das in der untergehenden Sonne. Alle an Bord waren sich einig: Das kann man nur im Rahmen einen Kreuzfahrt erleben. Es handelte sich um Grindwale, die auc als Pilotwale bekannt sind. Das männliche Tier erreicht eine Länge von drei bis sechs, maximal bis zu acht Metern und ein Gewicht von maximal drei Tonnen. Weibliche Tiere sind mit einer maximalen Länge von 6 Metern etwas kleiner. Der Körper ist nahezu zylindrisch, der kugelförmige Kopf ist kaum vom Rumpf abgesetzt und die Melone überragt die sehr kurze Schnauze der Tiere. Die Finne ist bei ausgewachsenen Tieren lang gestreckt und schmal.
Es boten sich uns einzigartige Sichtungen dieser Tiere, deren Finne immer wieder gut zu sehen war und auch der Körper. Dazu durchbrach das Licht der Abendsonne den Blas und tauchten ihn in ein sattes Orange. Später gesellte sich noch eine Schule Delphine dazu und nahezu alle Gäste auf MS Ocean Majesty waren an Deck. Die Fernsicht war derart gut, daß die Sonne, was nur sehr selten vorkommt, bis zur letzten Sekunde im Meer versank. Danach war die helle Nacht in ein fast unwirkliches Mondlicht getaucht und die Scheibe des Erdtrabanten spiegelte sich im Meer. Ein unvergleichliches Naturerlebnis abseits des Fahrplans, das wieder einmal bestätigt: Während ausgedehnter Nordlandreisen bestimmen die Naturgewalten das Programm und das ist nahezu immer ein Gewinn für alle….