Bibi-ka-Maqbara – das Taj Mahal von Aurangabad
Das Bibi-ka-Maqbara – Das Taj Mahal von Aurangabad trägt diesen Titel zu Recht. Denn ähnlich wie sein großes Vorbild, das Taj Mahal in Agra, steht das Bibi-ka-Maqbara als Symbol der Liebe prachtvoll inmitten der geschäftigen Stadt Aurangabad. Das Bauwerk gehört zu den schönsten Überlieferungen der Großmogulen in Indien. Dennoch unterscheidet sich das Bibi-ka-Maqbara in seiner Intention seiner Entstehungsgeschichte und seiner Architektur deutlich von seinem Vorgänger in Agra. Es lohnt sich daher ein genauerer Blick auf all diese interessanten Details.
Dilras Banu Begum – die Frau an der Seite Aurangzebs
Auch dieses Bauwerk der Moguln in Indien entstand als ein Grabmal der Liebe. In dieser Intention sind das Taj Mahal in Agra und dieses architektonische Meisterwerk identisch. Während in Agra Großmogul Shah Jahan für seine Lieblingsfrau Mumtaz Mahal eines der schönsten und berühmtesten Bauwerke der Welt, das Taj Mahal errichten ließ, stellt Bibi-ka-Maqbara das Zeugnis der Liebe eines Sohnes zu seiner Mutter dar – so zumindest die Legende.
Prinz Azam Shah, der dritte Sohn von Großmogul Aurangzeb, soll es zwischen 1651 und 1661 n. Chr. zum Gedenken an seine Mutter Dilras Banu Begum errichtet haben. Sie war die Frau von Aurangzeb. Im Volksmund auch wird sie auch Rabia Daurani genannt und war die Tochter von Shah Nawaz Khan und eine Nachfahrin von Shah Tahmasp aus der Dynastie der Safawiden im Iran. Ihre Hochzeit mit Aurangzeb am 15. April 1637 in Agra wurde von Shah Jahan, dem Erbauer des Taj Mahals, groß gefeiert. Das verwundert nicht, denn welcher Vater richtet nicht für seinen Sohn eine prachtvolle Hochzeit aus?
Dilras Banu Begum wird ein frommes und religiöses Leben nachgesagt. Sie wurde nach ihrem Tod als Heilige verehrt und ist im Mausoleum Bibi-ka-Maqbara beigesetzt. Schon aufgrund der Parallelen in den Entstehungsgeschichten der beiden Grabmäler wird es häufig als das ‚kleine Taj Mahal‘ bezeichnet.
Sie wurde zu Lebzeiten als schön, lebhaft, charmant, stolz und eigenwillig beschrieben und Aurangzeb soll, was für einen muslimischen Herrscher eher unüblich erscheint, eine gewisse Ehrfurcht gehabt haben. Er selbst schrie einmal:
„…sie ist eine Frau von extremer Herrschsucht und aufbrausend, aber bis zu ihrem Lebensende liebte ich sie weiterhin und verletzte ihre Gefühle nie ein einziges Mal“.
Großmogul Aurangzeb
Aus ihrer Lebensbeschreibung geht hervor, dass Dilras Banu Begum nach der Geburt ihres fünften Kindes erkrankte. Ob es sich dabei um Wochenbettfieber handelte oder um eine andere Krankheit, ist unklar. Es könnte sich auch nicht näher bekannte Komplikationen, hervorgerufen durch die Geburt oder eine Infektion gehandelt haben.
Fakt ist, dass sie einen Monat nach der Niederkunft Ihres Sohnes am 8. Oktober 1657 verstarb. Sowohl der Großmogul als auch sein Sohn Azam Shah müssen, wie berichtet wird, verzweifelt gewesen sein, sodass letzterer einen Nervenzusammenbruch erlitt. Auch dieser Umstand könnte die Ursache für die Legendenbildung um die Errichtung des Mausoleums durch den Sohn für seine Mutter gewesen sein.
Bi-ka-Maqbara – die Verbindung zu Großmogul Aurangzeb
Dass Bi-ka Maqbara so signifikante Ähnlichkeiten mit dem berühmten Schwesterbau in Agra aufweist, ist nahezu selbstverständlich, denn der Sohn wollte in der Darstellung seiner Liebe zu seiner Mutter, dem Großvater in nichts nachstehen.
Gleichzeitig können wir uns über das Bauwerk eine Vorstellung von Aurangzeb machen. Er galt als machtbesessen, verschlagen und auch grausam, wenn es seinen Zielen diente und wenn ihm jemand im Wege stand. Politisch wollte Aurangzeb Indien islamisieren und die Scharia als gesetzliche Basis einführen. Für die Durchsetzung dieser Ziele war ihm jedes Mittel Recht.
Aurangzeb wurde am 3. November 1618 geboren und bestieg am 31. Juli 1658 im Alter von knapp 40 Jahren den indischen Thron. Vorausgegangen waren Streitigkeiten mit seinen Brüdern um die Thronfolge.
Der neue Großmogul hatte sich im Streit um den Thron aufgrund seines strategischen Geschicks und seinen Fähigkeiten als Heerführer durchgesetzt. Darüber hinaus war er ein strenggläubiger Moslem. Ihm wurde nachgesagt, dass er den Koran auswendig konnte und alle Regeln seiner Religion wie Fastenzeiten, Wallfahrten und Gebote strikt einhielt.
Weitere traurige Berühmtheit erlangte der Herrscher auch durch die Tatsache, dass er seinen Vater Shah Jahan bis zu seinem Lebensende gefangen hielt und zwei seiner Brüder auf grausame Weise hinrichten lies.
Er vernachlässigte im Verlauf seiner Regentschaft zunehmend den Ausgleich zwischen den Volksgruppen in Indien. Die Spannungen zwischen Hindus und Muslimen nahmen immer mehr zu. Es kam vermehrt zu Aufständen, die nicht selten blutig niedergeschlagen wurden.
Bibi-ka-Maqbara und Prinz Azam Shah
Wie stark die Bindung des Prinzen zu seiner Mutter letztlich war, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen, denn Prinz Azam Shah wurde von seinem Vater als Heerführer eingesetzt, war zu Beginn des 18. Jahrhunderts Gouverneur von Gujarat und starb schließlich 1707 im Rahmen einer Schlacht, die sein Stiefbruder angezettelt hatte.
Bis heute ist allerdings die Legende, der Prinz habe das Bibi-ka-Maqbara als Zeugnis der Liebe zu seiner Mutter errichtet im Volksglauben fest verankert. Klar ist, dass diese Überlieferung nicht stimmen kann, denn als Baubeginn ist 1651 überliefert. Die Bauarbeiten dauerten rund 10 Jahre und waren 1661 abgeschlossen. Prinz Azam Shah war somit zu Beginn der Arbeiten nicht geboren und bei seiner Fertigstellung gerade einmal acht Jahre alt. Es muss angenommen werden, dass Großmogul Aurangzeb das Bauwerk selbst in Auftrag gegeben hat.
Bibi-ka-Maqbara – Der Torbau
Der Eingang zum Gelände liegt unspektakulär an einer belebten Straße, von der aus unvermittelt nach einer weiteren quadratischen Freifläche der Torbau zu sehen ist. Er ist trapezförmig und besitzt vier schmale Zier-Türmchen. Im Inneren befindet sich eine aufwendig gestaltete Stalaktitendecke (Muquarnas).
Bibi-ka-Maqbara – Der Park
Beim Heraustreten aus dem Torbau öffnet sich ein lang gezogener rechteckiger Park mit Seitenlängen von 450 x 275 m. Das Areal ist von einer Mauer umgeben. Zahlreiche Pflanzen sind hier zu finden und die Mitte bildet eine Springbrunnenanlage, die sich durch den ganzen Park bis hin zum Mausoleum zieht.
Diese Anlagen symbolisieren in den Bauwerken der Moguln das Paradies. Denn grüne Pflanzen und Wasser sind vor allem in der langen Trockenzeit, in deren Mitte ich das Mausoleum besuchte, das wertvollste, was man besitzen konnte.
Ein Bauwerk derart üppig damit auszustatten, galt als ein Zeichen des Reichtums, aber auch der Wertschätzung für die Person, für die es errichtet wurde. In den Trockenmonaten November bis April ist es verständlich, dass die Springbrunnenanlagen außer Betrieb sind, um Wasser zu sparen.
Das Mausoleum befindet sich in der Mitte der Gartenanlage, zentral am Kreuzungspunkt ausgerichtet. So erblickt man auf der Rückseite des Grabmals die zweite Hälfte des Parks.
Bibi-ka-Maqbara – Das Mausoleum
Das Grabmal wurde einem Podest erbaut, das 5 m hoch ist und eine Seitenlänge von 40 m aufweist. So wirkt es umso imposanter. Es empfiehlt sich zunächst, das Bauwerk einmal zu Fuß zu umrunden. So erhält man eine gute Vorstellung von seiner Größe.
An den vier Ecken befinden sich wie auch beim Taj Mahal in Agra die Minarette mit Balkonen und den typischen Chhatris. Sie verleihen dem Bibi-ka-Maqbara die Ähnlichkeit mit dem berühmten Vorbild.
Das Mausoleum ist weiß verputzt, auch wenn das Ganze bei meinem Besuch schon recht renovierungsbedürftig wirkte und die weiße Pracht gelitten hatte. Die detailreichen Blumen- und Blattstuckaturen und die Malereien sind von höchster Qualität.
Der Innenraum ist hoch und licht. Die sechseckige Kuppel wirkt weit nach oben gezogen, ist dennoch flach und weist feine dünne Verzierungen auf. Umso bemerkenswerter ist die Gestaltung des Grabes von Dilras Banu Begum.
Stehen im Taj Mahal in Agra die Kenotaphen von Shah Jahan und Mumtaz Mahal im oberen Raum und die Gräber in einem nicht zugänglichen Gewölbe darunter, so reicht hier der Blick hinunter auf den Scheinsarkophag in der unteren Grabkammer. Sie ist reich mit Tüchern bedeckt und ebenso vielen Münzen, die von Besuchern zu Ehren der Verstorbenen hinuntergeworfen werden.
Die sterblichen Überreste von Rabia Daurani befinden sich unterhalb des Bodenniveaus, umgeben von einem achteckigen, durchbrochenen Marmorschirm mit schön gearbeiteten Mustern, der über eine Treppe erreicht werden kann.
Die Architektur der Moguln in ihren Grabmälern
Die Bauwerke aus der Zeit der Moguln in Indien sind vielfältig und von einer mehr als 300-jährigen Geschichte und Entwicklung bestimmt. Zwischen 1526 und 1858 entstanden zahlreiche Meisterwerke der Indo-Islamischen Architektur. Genannt werden müssen die Moscheen, Grabbauten, Fort und Paläste sowie Parks und Gärten.
Die Grabanlagen müssen in diesem Zusammenhang besonders herausgestellt werden. Denn nicht nur für Großmogule und Fürsten, sondern auch für Gelehrte und Heilige wurden solche Anlagen geschaffen. An diesen sind die immer wiederkehrenden Elemente wie die unbedingte Symmetrie, die Torbauten, Portalbögen, Plattformen, Kuppeln, Minarette, Chhatris und Jalis besonders ausgeprägt. Gerade wenn es sich um Herrschermausoleen handelt, sind all diese Teilbauten auffallend detailliert ausgeführt und tragen zur Wirkung der gesamten Anlage bei. Zu den am meisten besuchten Gräbern gehören:
Humayun-Mausoleum, Delhi, Indien (ca. 1562–1570)
Akbar-Mausoleum, Sikandra, Indien (ca. 1605–1613)
Itimad-ud-Daula-Mausoleum, Agra, Indien (ca. 1622–1628)
Jahangir-Mausoleum, Lahore, Pakistan (ca. 1627–1637)
Taj Mahal, Agra, Indien (ca. 1631–1648/53)
Safdarjung-Mausoleum, Delhi, Indien (ca. 1753–1754)
Fazit
Mit dem Bibi-Ka Maqbara befindet sich in Aurangabad/Indien ein besonders schönes Beispiel der Baukunst der Moguln. Die Ähnlichkeit mit dem Taj Mahal hat dazu beigetragen, dass man sich vor allem in den letzten Jahren mehr mit dem Bauwerk beschäftige und mit den Legenden, die sich um die Anlage ranken. So wurde sie in ganz Asien und darüber hinaus poulär.
Sie verschafft uns abseits des Massentourismus, der rund um die übrigen Herrschergräber in Indien entstanden ist, einen guten Eindruck von der Lebens- und Denkweise der damaligen Zeit. Er bringt uns Personen wie Aurangzeb, Prinz Azam Shah, Dilras Banu Begum, aber auch Shah Jahan und Mumtaz Mahal näher und erlaubt es ein Stück ihres Lebens und Sterbens neu erleben, basierend auf dem Wissen unserer Zeit.
Weiterführende Informationen zum Mausoleum (in englischer Sprache):
https://www.cheggindia.com/general-knowledge/bibi-ka-maqbara/
Hier finden Sie ein Video mit Luftaufnahmen: