Nord-Ostsee-Kanal, Deutschland
Der letzte Tag der Kreuzfahrt ‚Schätze des Mare Balticum auf MS EUROPA hat begonnen. Die Ostsee zeigt sich noch einmal von ihrer schönen Seite und ein geruhsamer Seetag liegt vor den Passagieren. Sie nutzen die vielfältigen Entspannungs- und Unterhaltungsmöglichkeiten des Schiffes, lassen sich verwöhnen oder genießen einfach den Sonnenschein an Deck. Wer es etwas stimmungsvoller mag, der kommt zum Bayrischen Brunch zum Außenbereich des Lido Cafés. Freunde der klassischen Musik finden ihren Genuß im Belvedere bei einem Konzert der Extraklasse für Violine und Klavier mit Werken romantischer Komponisten. An diesem letzten Seetag ist noch einmal für jeden etwas dabei.
Der Nord-Ostsee-Kanal
Bevor MS EUROPA jedoch mit einer nächtlichen Passage über die Elbe nach Hamburg gelangen kann, muss heute Nachmittag der Nord-Ostsee-Kanal befahren werden. Dazu ankert die EUROPA in Kiel Holtenau, nimmt den kanallotsen an Bord und reiht sich dann in die Reihe der Schiffe ein, die zur ersten Schleuse unterwges sind. Der Kanal ist 98 km lang, durchquert das Bundesland Schleswig-Holstein und ist maximal 162 m breit. Die Wassertiefe beträgt 11 m.
Er wird jährlich von rund 33000 Schiffen befahren und ist damit die am meisten frequentierte künstliche Wasserstraße der Welt. Der Kanal erspart dem Schiffsverkehr die 460 km lange Umrundung von Jütland. Wir haben heute Glück, denn vor dem Kanal gilt: Wer zuerst da ist, kommt zuerst dran. Da kann es schon einmal passieren, daß man einige Stunden oder sogar einen ganzen Tag vor Anker liegen muss, bis die Passage beginnen kann. Wir erleben die Fahrt heute in vollen Zügen.
Kiel-Holtenau und der Kanal
Holtenau ist der Endpunkt des Kanals auf der Ostseeseite. Der Stadtteil der Landeshauptstadt Kiel hat 5194 Einwohner und gehört seit 1922 zu Kiel. Mit der Fertigstellung des Kaiser-Wilhelm-Kanals im Jahr 1895 rückte Holtenau ins Rampenlicht und das Bild des Ortes veränderte sich rasant. Hier sind die Kanalbehörden zu Hause und es wurden Kanalbrücken errichtet und eine Kanalfähre nahm ihren Betrieb auf. Mit Fort Holtenau erhielt der ort sogar eine Befestigungsanlage.
Sieht man Holtenau vom Kanal aus, wirkt es immer noch sehr ländlich. Kurz hinter Holtenau beginnen die Landschaften für die diese Passage berühmt ist. Das flache Weiseland durchsetzt mit Büschen und Bäumen, fast stündlich wechselt das Licht und mit ihm die Intensität der Grüntöne, das Spiel von Licht und Schatten. Besonders reizvoll sind auch die Stunden bei Sonnenauf- oder untergang.
Der Nord-Ostsee-Kanal und seine Technik
Der Kanal gehört zu den spiegelgleichen Seekanälen und wird an beiden Enden durch Schleusen gegen die wechselnden Wasserstände (verursacht durch Gezeiten oder Windstau) der Nordsee und der Ostsee abgeschlossen. Die Schleusen an beiden Enden des Kanals, sowohl in Brunsbüttel als auch in Kiel-Holtenau, haben jeweils zwei kleine Schleusenkammern (Alte oder Kleine Schleuse) und zwei große Schleusenkammern (Neue oder Große Schleuse).
Aufgrund des mittlerweile hohen Alters der Schleusen wurde in Brunsbüttel eine fünfte Schleusenkammer geplant. Die fünfte Schleusenkammer wird seit 2014 auf der Schleuseninsel zwischen den Kleinen und den Großen Schleusen gebaut. Durch die Bautätigkeit kommt es seit längerer Zeit zu Engpässen und Verzögerungen am Kanal. Auch treten immer wieder Probleme mit den Schleusentoren auf. So wurde der Nord-Ostsee-Kanal besonders in letzter Zeit zu einem Nadelöhr.
Die Landschaft entlang des Nord-Ostsee-Kanals
Der Kanal passiert verschiedene Landschaftszonen Schleswig-Holsteins. Zunächst durchquert er die Marsch und durchschneidet dann einen Geestrücken. Auf dieser Strecke orientiert sich der Verlauf des Kanals zwischen Burg (Dithmarschen) und Schafstedt am Verlauf der Holstenau und von Kilometer 41 bis über Rendsburg hinaus dann an der Eiderniederung, in deren Flussbett er nordöstlich von Rendsburg verläuft. Dann erreicht der Kanal das östliche Hügelland.
Zwischen Rendsburg, der wichtigsten Hafenstadt im Verlauf des Kanals, und Kiel bildet der Kanal die Grenze zwischen den Landesteilen Schleswig und Holstein. Zahllose Schaulustige stehen entlang der Uferwege oder sind dort mit dem Fahrrad unterwegs. So ist der Kanal auch zu einem Naherholungsgebiet geworden. An den Schleusen gibt es Plattformen von wo aus die Besucher den Schleusenvorgang beobachten können. Auch Restaurants und Cafés haben sich diese Stellen zu Nutze gemacht.
MS Europa in der Schleuse
Der Schleusenvorgang ist für alle an Bord von MS EUROPA ein Erlebnis. Kapitän Olaf Hartmann manövriert das Schiff in die Schleuse wo es festgemacht wird. Kaum merklich wird hier MS EUROPA bewegt und der Höhenunterschied ist mit bloßem Auge kaum sichtbar wenn sich die Schleusenkammer wieder öffnet. Dennoch will sich das niemand entgehen lassen und bei sonnigem und angenehm warmen Wetter erleben die Gäste die Passage hautnah mit.
Alle Vorgänge spielen sich wie in Zeitlupe ab, denn in den Schleusen wird von allen Beteiligten Besonnenheit verlangt und ist von Nöten. Und dann beginnt die ruhige Fahrt in den Abend hinein Richtung Brunsbüttel. Immer wieder kommt es zu Begegnungen mit riesigen Frachtschiffen gegen die MS Europa wie ein kleines Boot wirkt. Das macht uns klar wie bedeutsam diese Wasserstraße heutzutage für die Wirtschaft ist.
Die Aussendecks auf MS Europa
Mein heutiges und für diese Reise letztes Europa-Detail soll Sie noch einmal auf die Außendecks von MS EUROPA führen. Sie sind die Basis für ein einzigartiges Kreuzfahrterlebnis. In den letzten Tagen waren wir immer wieder alle dort, um das Ein- und Auslaufen von MS EUROPA zu sehen oder haben einfach nur die Seeluft genossen. Die Stimmung am frühen Morgen oder zum Sonnenuntergang ist hier etwas ganz Besonderes.
Wie auf dem Bild zu sehen haben viele dieser Plätze auf den Außendecks tatsächlich einen sehr intimen Charakter und ich verstehe, warum die Reederei mit dem Slogan wirbt: „MS EUROPA – Ihre schönste Yacht der Welt“. Denn obwohl während meiner Reise fast 400 Passagiere an Bord sind. Voll oder eng wirkt es niemals und so einsame Stellen wie die auf dem Bild gibt es überall an Bord. Damit endet eine sehr umfassende Reise durch die Ostsee. Es war keine gewöhnliche Kreuzfahrt, denn mit Helsinki und Stockholm lagen die beiden nordischen Metropolen an der Reiseroute.
Viel Zeit gab es in St. Petersburg um das Gold der Zaren zu bewundern. Mit Tallinn, Riga, Visby und Danzig waren alle vier wichtigen Hansestädte der Ostsee mit dabei und mit der Passage durch den Nord-Ostsee-Kanal gab es auch noch einen interessanten letzten Reisetag. Alle an Bord sind sich einig….diese Kreuzfahrt mit MS EUROPA führte tatsächlich zu den Schätzen des Mare Balticum. Ich beende mit diesem Beitrag die kleine Serie von Reisebrichten und bedanke mich bei allen, die mit dabei waren und durch ihre zahlreichen Mails, SMS und Anrufe ihr Interesse zum Ausdruck brachten. Zur kommenden Reise „Zum Königreich der Vielfalt“ darf ich Sie schon jetzt einladen. Ich werde als Lektor Ihnen aus Großbritannien, Schottland und Irland berichten.
Wenn spezielle oder persönliche Fragen haben, dann kontaktieren Sie mich unter meiner Mailadresse:jurgilewitsch-bonn@t-online.de
Ich grüße Sie herzlich
Peter Jurgilewitsch
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